Messen haben nichts an Attraktivität verloren. Man darf nur keine Fehler mehr machen, denn Messeauftritte zählen nicht gerade zu den preiswertesten Verkaufsförderungsmaßnahmen. Daher sollte neben einem gut organisierten, zur Marke und zur Botschaft passenden Messestand noch einiges mehr berücksichtigt werden, um einen echten „Return on Marketinginvest“ zu erzielen.
1. Die richtige Zielgruppe finden, die richtigen Messen auswählen
Natürlich gibt es sehr komplexe Auswahlverfahren, wie man die richtigen Messen findet. Die stehen in zahlreichen Büchern und sind bestimmt für die Unternehmen genau richtig, die über 400 qm oder mehr Standfläche zu einer großen Fach- und Konsumentenmesse nachdenken. Aber auch für kleinere Messepräsenzen sollte man ein paar Grundüberlegungen starten, die mit der generellen Zielsetzung von Messen zusammenhängen.
Stellen Sie sich zu jeder Messe, an der Sie als Aussteller teilnehmen wollen, die folgenden Fragen:
Treffe ich auf dieser Messe bestehende Kunden?
Treffe ich auf dieser Messe potentielle Kunden (meine Zielgruppe, die ich auch mit anderen Marketinginstrumenten umwerbe)?
Ist die Messe etabliert – oder ist noch unklar, ob sie ein Erfolg wird?
Sind dort meine Wettbewerber (die echten) präsent?
Kann ich mir einen Stand, die Vor- und Nachbereitung leisten, die zu meiner Bedeutung im Markt und der Professionalität meines Angebotes und Unternehmens passt?
Bietet der Messeveranstalter professionelle Hilfen, um den Messeauftritt vorzubereiten?
Bietet der Messeveranstalter genaue Informationen zu den zu erwartenden Besuchern? (Anzahl, Art, Wünsche / Erwartungen der Besucher…)
Habe ich ausreichend ausgebildete Mitarbeiter für einen gut besetzten Stand?
Kann ich auf der Messe selbst etwas lernen? (über den Markt oder den Wettbewerb, aber auch meine Branche selbst. Viele Messen bieten hervorragende Vorträge und Workshops, nicht nur für Fachbesucher).
Erwarten meine bestehenden Kunden und Vertriebspartner, dass wir dort anzutreffen sind, vielleicht weil wir schon seit Jahren Stammaussteller sind?
Wenn Sie mehr als 5–6-mal „Ja“ sagen, dann sollten Sie die Messe in Erwägung ziehen. Falls dies nicht der Fall ist, brauchen Sie entweder einfach nur mehr Informationen oder die Messe ist nicht die Richtige für Ihre Messeziele.
2. Die (gute) Vorbereitung entscheidet über den Erfolg
Mehr als 80 % der Fachbesucher bereiten sich auf den Messetag intensiv vor. Sie studieren die Inhalte des Messekataloges, durchsuchen gezielt die Ausstellerseiten im Internet, netzwerken in den verschiedenen Xing- oder Facebook-Gruppen und suchen in sogenannten „Private Exhibition oder Congress Communities“ Gleichgesinnte und Spezialisten, die die gleichen Veranstaltungen besuchen. Neben den klassischen Instrumenten, einen Messeaufritt optimal vorzubereiten, sind diese Tools die besten Möglichkeiten, um folgende Ziele zu erfüllen:
Bestehende oder ehemalige Kunden zu finden und gezielt für eine Terminierung anzusprechen.
Neue Kontakte zu identifizieren, die ggf. als künftige Geschäftspartner in Frage kommen.
Auf sich aufmerksam zu machen, durch sympathische Information, was es bei Ihnen zu erleben gibt und welche Kompetenz auf der Messe zu finden sein wird.
Fragen Sie den Veranstalter der Messen, an denen Sie als Aussteller teilnehmen wollen, welche Möglichkeiten angeboten werden, um schon im Vorfeld einer Messe bei den Fachbesuchern auf sich aufmerksam zu machen und nutzen Sie diese Instrumente konsequent.
Was auf keinen Fall fehlen darf, ist die Marketingarbeit im Vorfeld.
Mindestmaßnahmen sind:
Information per Brief, Telefonat, E-Mail, Rechnungsformulare, die eigene Website, Aufsteller oder andere Kommunikationswege, auf welchen Messen Sie anzutreffen sind. Sehr geschickt ist eine sogenannte „Landing Page“, also eine extra Seite auf Ihrer Webseite, die ausführlich über diese Messe und Ihre Botschaften dort berichtet, das Messeteam vorstellt und die Terminvereinbarung vereinfacht. Ist diese Seite auch für die Suchmaschinen optimiert, werden Sie vielleicht von Besuchern gefunden, die die Messe im Vorfeld googeln. Außerdem können Sie von Facebook- Seiten, Messeblogs oder Presseinformationen auf Ihre Messe-Landingpage verweisen.
Kurze Presseinformation an Fachmedien, was Ihre besondere Botschaft oder Inszenierung auf einer Fachmesse ist.
Nutzung von Social Community Tools, wie Facebook, Xing, LinkedIn oder anderen, um die eigenen Communities zu informieren und ggf. sogar konkrete Gästelisten zu sehen.
Generelle Regel- und Zielsetzung: Wenn im Vorfeld einer Fachmesse (B2B) ca. 30 % der verfügbaren Gesprächszeit terminiert werden kann (mit Bestandskunden oder Interessenten Ihres Unternehmens), dann kann es kein Misserfolg werden.
3. Auffallen um jeden Preis – jede Kontaktchance nutzen
Wie fast immer im Marketing ist eine Einzelmaßnahme nie so erfolgreich, wie ein Bündel paralleler Maßnahmen. Das gilt vor, während und nach der Messe. Überlegen Sie, welche Kontaktmöglichkeiten oder Kontaktpunkte eine Konsumenten- oder Fachmesse neben dem Standplatz noch bietet. Während der Messe betrachten Sie Ihren Stand am besten als „Landebahn“ und die begleitenden Maßnahmen als Lotsendienste, die möglichst viele professionelle Flieger bei Ihnen landen lassen. Promotions, Gewinnspiele, Sponsorings und viele Kommunikationsmöglichkeiten bietet fast jede Fachmesse. Nutzen Sie sie! Je emotionaler Sie Ihre Botschaft inszenieren, desto erfolgreicher werden Sie sein. Ein kleines (aber witziges) Präsent, am Messeeingang verteilt (wovon die andere Hälfte nur am Stand zu bekommen ist), wirkt oft besser, als ein Preisausschreiben, dass offensichtlich nur auf Adressenfang ist.
Tipp: Stimmen Sie jede Maßnahme im Vorfeld mit dem Messeveranstalter ab. Bei fast allen Messen ist es nicht erlaubt, nicht angemeldete (und bezahlte) Promotionsteams durch die Hallen und Gänge zu schicken.
4. Neuigkeiten bieten, Sonderaktionen mitbringen
Messen nennt man auch „Marktplätze der Neuigkeiten“. Warum sollte Ihnen (oder Ihrem Messestand) jemand Zeit schenken, wenn Sie nichts Neues zu bieten haben? Wenn man jemandem Zeit schenkt, dann ist die erwartete Gegenleistung zumindest ein angenehmes, interessantes Gespräch. Und noch besser: der Mehrwert einer Neuigkeit, die für den Besucher Relevanz hat. Die meisten Unternehmen tun sich schwer, eigene Neuigkeiten zu formulieren, da sie davon ausgehen, dass etwas, was schon seit drei Monaten auf Ihrer Website veröffentlicht ist, schon allen bekannt ist. Das ist meistens eine Fehlannahme. Versuchen Sie ruhig, sich auf EINE neue Botschaft zu konzentrieren, als einen riesigen Berg von Selbstverständlichkeiten zu plakatieren. Neuigkeiten sind auch:
Ein neuer, hoch kompetenter Spezialist, den Sie eingestellt haben und der jetzt als Experte beraten kann.
Im Bereich der Hotels oder Kongresshallen: die letzten Renovierungen, Anbauten, Umbauten oder neuesten Serviceideen.
Na klar: alle neuen Produkte und Dienstleistungen, die für die Zielgruppe der Messe relevant sind (Ihr neues Silvesterprogramm dürfte den Kunden einer MICE-Messe eher weniger interessieren).
Tipp: Wenn Ihnen absolut keine spannende Botschaft einfällt, sollten Sie vielleicht erst die Produktentwicklung Ihres Unternehmens überprüfen. Ohne überzeugende Botschaft ist ein erfolgreicher Messeauftritt kaum zu erreichen.
5. Ihre Standmannschaft ist erfahren, vorbereitet und bis in die Zehenspitzen gut gelaunt und motiviert!
Sie meinen, das ist eine Selbstverständlichkeit? Weit gefehlt. Machen Sie doch drei bis vier Wochen vor der Messe mal den folgenden Test: Fragen Sie jedes Mitglied Ihres Standteams Folgendes und geben Sie 30 Sekunden Zeit, die Frage zu beantworten: „Warum soll ich bei Ihnen und nicht am Nachbarstand kaufen?“ Die Antworten untersuchen Sie auf folgende Inhalte:
War die Antwort auf die Zielgruppe abgestimmt, die diese Messe besuchen wird?
Wurden ohne Umwege die wichtigsten USP (unique selling propositions = einzigartige Verkaufsargumente) erwähnt?
Zeigt die Antwort, dass Ihr Team von den Leistungen Ihres Unternehmens vollständig überzeugt ist?
Gleichgültigkeit, Unwissenheit und die mangelnde Fähigkeit Begeisterung auszustrahlen, sind die wichtigsten ‚Messeerfolgs-Verhinderer!‘
6. Der Messestand ist mindestens so professionell und wertig wie Ihr Angebot im realen Leben
Wenn eine Hotelkette mit Marke und breiter Marktabdeckung auftritt wie eine Hotelpension, braucht man sich über mangelnden Erfolg nicht zu wundern. Wenn ein 5-Sterne-Haus auf 4 Quadratmetern und mit Wackeldisplay und schief geklebtem Cityposter auf Kundenfang geht, dann ist klar, dass die Botschaft nicht ankommt. Wenn Sie auf einer Messe ausstellen, dann trägt Ihr Standdesign die Qualität und das Image Ihres Unternehmens.
Ganz ehrlich: Standgestaltung gehört in die Hände von Profis. Auch für eine Kleinpräsenz. Und wer groß ist, darf sich nicht klein präsentieren. Um die Standkosten zu optimieren und eine spannende Standbotschaft zu kreieren, kann ein Zusammenschluss mit anderen Ausstellern sinnvoll sein. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: Sammelstände haben selten eine klare Botschaft. Und wenn ein Besucher erst minutenlang auf die vielen Detailbotschaften auf Ihrem Messestand starren muß, ist die Chance bereits vertan.
7. Volle Konzentration auf den Gesprächspartner durch Aufgabenteilung
Egal, wie groß Ihr Messestand ist, eine Person muss den „Messebutler“ spielen. Er oder sie steht „an der Tür“ und achtet darauf, dass alle interessiert wirkenden Messebesucher angesprochen werden. Wenn alle Standmitglieder sich auf ihren jeweiligen Gesprächspartner konzentrieren (das müssen Sie, Sie dürfen nicht nervös herumgucken, ob irgendwo jemand unentdeckt in Ihren Broschüren blättert), dann muss auch zu Stoßzeiten jemand die Zeit haben, die unentschlossenen, interessiert Guckenden fröhlich anzusprechen.
Und bitte vergessen Sie den Satz „Kann ich Ihnen helfen?“ (Nein, mir ist nicht zu helfen). Besser ist: In meinem Horoskop stand, dass ich heute nur nette Leute treffe. Sieht so aus, als stimmt es. Oder: Was für eine gute Wahl, an diesem Stand vorbeizukommen. Wir sind wahrscheinlich der Grund, warum Sie heute diese Messe besuchen. Oder: Sie müssen hier nicht gleich etwas kaufen, probieren Sie erstmal diese leckere Praline (Flammkuchen, Glühwein, Champagner, Gummibärchen … was immer zu Ihrer Botschaft passt) – sie sagt viel über unser Qualitätsbewusstsein aus“. Doofe Anmache, sagen Sie? Einfach mal mit breitem Lächeln ausprobieren! Die Gefahr ist nur, dass Sie mit solchen Ideen nicht nur Kunden finden, sondern vielleicht Freunde (manche erarbeiten die besten Messeanmachsprüche schon vor einer Messe).
8. Nehmen ist besser als geben….
Ja, ja … viele Menschen sind immer noch Jäger, aber vor allem Sammler. Aber Vorsicht. Ein Messetag ist lang. Immer mehr Menschen haben Rückenprobleme. Und: Eine ausgehändigte Information ist aus Ausstellersicht eine entgangene Chance für einen Nachkontakt. Das beste Angebot ist: Dürfen wir Ihnen die Informationen zusenden? Falls der Besucher die Informationen aber doch gleich mitnehmen möchte, sollte die Wahl zwischen gedruckter oder digitaler Übergabe (z.B. auf einem USB-Stick) bestehen.
9. Die Nachbereitung des Messeauftritts vor der Messe planen
Müde und mit wehen Füßen ist Ihr Messeteam jetzt wieder zu Hause angekommen. Ein kleiner Kurzurlaub wäre jetzt genau richtig. Doch Stopp: Die meisten Fehler des Messe- Auftritts werden in der Vor- und in der Nachbereitung gemacht. Ganz wichtig: Stellen Sie sicher, dass Sie während jedes Messegesprächs mit Ihrem Gesprächspartner vereinbaren, wie Sie verbleiben. Visitenkarten sammeln und nach der Messe eine lieblose Standardmail versenden, bewirkt jetzt oft das Gegenteil Ihrer Zielsetzung. Der potentielle Kunde weiß jetzt, er ist Ihnen nicht wichtig. Wenn Sie aber konkret vereinbart haben: „Ich rufe Sie zum Beginn des nächsten Quartals an, um die Termine für Ihre Einkaufsplanung abzuholen“, dann besteht für diesen Kontakt die Nachbereitung beispielsweise aus diesen drei Aktionen:
Aufnahme dieses Kontaktes in die eigene Datenbank mit dem Status „Interessent“ und der Quelle „Messe xyz Jahr“ (sofort)
Schreiben einer persönlichen Postkarte mit folgendem Text: Danke für Ihren Besuch an unserem Messestand auf der Messe xyz“. Wir freuen uns sehr, dass wir Sie Anfang September anrufen dürfen, um an Ihrer Ausschreibung teilzunehmen (längstens drei Werktage nach dem Gespräch bzw. der Messe).
Anrufen zum vereinbarten Termin oder per E-Mail oder Xing einen Telefontermin vereinbaren, damit der Kontakt sich auf das Gespräch vorbereiten kann.
Auch in der Nachbereitung gilt: Je professioneller, persönlicher und für Ihre Botschaft passender Ihre Maßnahmen sind, um so besser werden Sie die Gespräche auf einer Messe in Erinnerung behalten und Ihr neuer Kontakt wird es ebenfalls danken.
10. Vergessen Sie das Fazit und die Auswertung nicht
Je nach Art des Angebotes und der üblichen Vorlaufzeit, sollte – bevor in Ihrem Geschäftssegment aus einem Interessenten ein Kunde wird – ein konkreter Termin gesetzt werden, wann eine Erfolgsbeurteilung erfolgt. Dafür sollten die folgenden Fragen beantwortet werden, denn das „Bauchgefühl“ ist ein schlechter Messeberater.
Wie viele Bestandskunden haben wir getroffen (ein Außendienstbesuch zur Kundenpflege kostet zwischen 300 bis 1.000 €). Wenn Sie den Wert für Ihr Geschäft kennen, können Sie die Zahl der Bestandskundengespräche mit den Kosten eines (jetzt wegfallenden) Außendienstbesuches multiplizieren und so eine Basis für den „Return on Invest“ legen.
Wie viele Ihrer Neukunden haben Sie erstmalig auf der auszuwertenden Messe kennengelernt? Und welche Umsätze sind in den kommenden 24 Monaten mit diesen Kunden realistisch?
Welche Innovationen und Neuigkeiten haben Sie selbst von dieser Messe mitgenommen? Trauen Sie sich, einen Wert zu beziffern?
Hatten Sie Pressekontakte, resultierte daraus eine Veröffentlichung?
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ÜBER Gabriele Schulze
Gabriele Schulze ist seit 2010 selbständige Beraterin, Trainerin und Referentin. Ihr profundes Praxiswissen erlangte sie in mehr als 20 Jahren Top-Management-Erfahrung im Marketing und Vertrieb in der nationalen und internationalen Hotellerie sowie in der Veranstaltungsbranche. Heute berät sie führende Unternehmen und Organisationen bei der Konzeption und Implementierung verkaufsstarker Buchungsplattformen und bei der Einführung von Content- Management- und Distributionssystemen.
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